Interview mit Julia Stresing - Projektkoordinatorin des Immobilienkonzeptes

Interview mit Julia Stresing - Projektkoordinatorin des Immobilienkonzeptes

Interview mit Julia Stresing - Projektkoordinatorin des Immobilienkonzeptes

# Inhalte Immobilienkonzept

Interview mit Julia Stresing - Projektkoordinatorin des Immobilienkonzeptes

Verantwortung mit Herz und Weitblick für unser Bistum trägt Julia Stresing. 
“Wie gehen wir sinnvoll in die Zukunft?“ ist die Fragestellung, die sie täglich begleitet. Sie unterstützt wo sie kann. Bedacht und proaktiv nimmt sie gern ihre Aufgabe als Projektkoordinatorin des Immobilienkonzeptes und Hauptansprechpartnerin für die Pfarreien im Bistum Magdeburg wahr. 
Bei Fragen lohnt es sich Frau Stresing direkt anzurufen. Wir haben das getan. 

Frau Stresing, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für ein Interview nehmen, um etwas zum Immobilienkonzept und Ihren bisherigen Erfahrungen damit zu erzählen. Aber zuerst die Frage:  Was ist Ihre Aufgabe im Bistum Magdeburg? 

Julia Stresing:  Mein Name ist Julia Stresing. Ich komme gebürtig aus Celle, bei Hannover und wohne seit 2013 in Magdeburg, habe hier Bauingenieurwesen studiert und meinen Master im energieeffizienten Bauen und Sanieren, im Januar 2019 abgeschlossen. Seit Anfang 2022 arbeite ich im Bistum Magdeburg und bin jetzt seit dem 1. Januar 2023 Referentin der Bauverwaltung und unteren Denkmalschutzbehörde, die das Bistum vom Staat für seine Immobilien übertragen bekommen hat.

Was machen Sie konkret im Rahmen des Immobilienkonzeptes?
Was sind Ihre Aufgaben?

Julia Stresing: Ich bin die Projektkoordinatorin für das Immobilienkonzept 2024. In diesem Rahmen wurde auch die Projektgruppe ins Leben gerufen, zu der Frau Schütze und Herr Malik gehören. Wir haben am Entwurf für das Immobilienkonzept mitgewirkt und die dazugehörige Handreichung entwickelt.  Gemeinsam klären wir Fragen wie: Wo soll der Weg ungefähr hin gehen und welche Informationen müssen an die Pfarreien herangetragen werden? Ich bin die Hauptansprechpartnerin für die Pfarreien. Dann geht es natürlich darum, zu schauen, dass es am Ende fertige Immobilienkonzepte in den einzelnen Pfarreien gibt und zu überlegen, welche Fragen und Herausforderungen dabei aufkommen könnten.

Abgesehen davon befasse ich mich mit der Bestandsaufnahme und schaue, welche Immobilien sanierungsbedürftig sind, wo es Handlungsbedarf gibt und wie man Immobilien umnutzen kann. Es ist also eine ganze Bandbreite an Aufgaben. 

Was würden Sie sagen: Warum braucht es in unserem Bistum überhaupt ein neues Immobilienkonzept?

Julia Stresing: Unser Bistum ist flächenmäßig sehr groß, gleichzeitig ist aber zu erwarten, dass die Katholik:innenzahlen in Zukunft sinken werden. Dementsprechend müssen wir Geld sparen und nachdenken, wie wir Immobilien für die Pastoral sinnvoll nutzen können.

Einerseits ist das eine strategische Frage, wie man in die Zukunft geht, andererseits ist es auch ein emotionaler Faktor. Vor Ort muss man schauen: Was braucht man wirklich? Was wird tatsächlich an Räumen und Gebäuden genutzt? Und wie kann man diese vielleicht auch auf andere Weise mit Leben füllen bzw. gemeinsam mit anderen? Und das ist eigentlich das Spannendste an der ganzen Sache, wie ich finde.

Im Zuge des Haushaltssicherungsprozesses, der im Bistum ebenfalls gerade durchgeführt wird, geht es darum Kosten einzusparen und da sind Immobilien natürlich ein Faktor. Denn Immobilien verursachen laufende Kosten. Betriebskosten, Baumaßnahmen, Reparaturmaßnahmen, Wartungsarbeiten usw. Das sind ja alles Kosten, die auch die Pfarreien belasten und da lohnt es sich zu schauen, ob und wie man da etwas verändern und die Pfarreien entlasten kann.

Es gab bereits in der Vergangenheit die Notwendigkeit, eigene Immobilienkonzepte zu erstellen und fortzuschreiben - zuletzt in den Jahren 2015 und 2016. Seitdem hat sich Vieles verändert und deshalb ist es gut, jetzt noch einmal neu zu bewerten und zu schauen: Wie gehen wir in die Zukunft?

Sie als Koordinatorin haben einen Überblick über den Immobilienprozess.
Wo steht dieser gerade? 

Julia Stresing:  Gerade befinden wir uns noch in der Phase 1. Da geht es darum, dass vor allem die Handreichung und die Anlagen dazu Anfang 2023 veröffentlicht wurden. Die Pfarreien bearbeiten momentan die Anlagen zur Handreichung des Immobilienkonzeptes, die sogenannte Bestandsaufnahme. Diese besteht aus dem baulichen Teil, dem pastoralen Teil und schließlich aus der Gesamtübersicht, wo die Pfarreien einteilen, welche Farbe welche Immobilie zukünftig haben soll. 

Diese Phase, ursprünglich datiert bis zum 30. April, hätte schon abgeschlossen sein sollen. Verständlicherweise schaffen es aber nicht alle Pfarreien diese Frist einzuhalten, weshalb es auch E-Mails von den Pfarreien mit Bitte um Fristverlängerung gab. 

In der Phase 1 haben wir vor allem geschaut, wo wir die Pfarreien unterstützen können. Ich war relativ viel vor Ort in Pfarreien, so zum Beispiel in Salzwedel, Gardelegen, Wittenberg, Zeitz und Oschersleben und habe dort bei der baulichen Bestandsaufnahme unterstützt, denn für die meisten Pfarreien ist es schwer den baulichen Zustand einfach mal so eben einzuschätzen. Wenn man das nicht schon einmal gemacht hat oder auch nicht täglich macht, dann ist das schwer und das verstehe ich, weshalb ich mich gefreut habe, wenn ich helfen konnte. Das ist wirklich der wichtigste Punkt, die Unterstützung aus dem Ordinariat für die Pfarreien. 

Was ist besonders wichtig für die Pfarreien, wenn die 2. Phase startet?

Julia Stresing: Mittlerweile haben uns die ersten Immobilienkonzepte erreicht. In der Phase 2 schauen wir als Projektgruppe: vor allem auch auf die Zukunftsperspektive der jeweiligen Immobilie. Phase 2 ist dahingehend eher als Unterstützungsphase für die Pfarreien gemeint. Dass wir als Projektgruppe noch mal über die Dokumente schauen können, bevor am Ende dann alles kirchenaufsichtlich genehmigt werden muss. Gerade bei der Zukunftsperspektive der Immobilien lohnt es sich, noch mal drauf zu schauen und sich als Pfarrei zu fragen: Benötigen wir diese Immobilie? Wie viel Geld müssen wir vielleicht noch in Baumaßnahmen investieren und welchen Instandhaltungsrückstau gibt es? Natürlich weiß man nicht immer ad hoc, was man z.B. am klügsten mit einem Pfarrhaus machen kann, in dem niemand mehr wohnt. Wir versuchen da Gedankenanstöße zu geben, z.B. auch mal mit der Kommune ins Gespräch zu gehen.

Sie waren in mehreren Pfarreien vor Ort. Gibt es in dem Prozess Rückmeldungen oder Dinge, auf die Sie da noch einmal besonders aufmerksam geworden sind? Was können wir für die Zukunft lernen?

Julia Stresing: Ich habe in unterschiedlichen Pfarreien erlebt und rückgemeldet bekommen, dass Sie es nicht gewohnt sind, aktive Hilfe aus der Bauverwaltung zu bekommen. Das hat mich ein bisschen überrascht, denn wir wollen und müssen unterstützen. Ich habe gelernt: Kommunikation ist ganz, ganz wichtig. Und dass man ruhig auf die Pfarreien zugehen sollte und auch wirklich lieber drei Mal Unterstützung anbietet, weil es vielleicht manchmal beim ersten Mal nicht so ankommt oder als Höflichkeitsfloskel aufgenommen wird.

Ich glaube, manchmal fällt es den Pfarreien auch schwer zum Hörer zu greifen und um Hilfe zu bitten, denn wer fragt denn schon gerne nach Hilfe? Das mache ich ja auch nicht gerne. Deshalb dachte ich dann: Vielleicht rufst du doch mal proaktiv irgendwo an und fragst mal nach. Gerade wenn Anträge auf Fristverlängerung kommen, hake ich noch mal nach und frage, woran es liegt und ob ich irgendwie helfen kann. 

Was würden Sie sagen: Was bewegt die Pfarreien besonders mit Blick auf das Immobilienkonzept?  

Julia Stresing:  Das kommt immer darauf an, mit wem man spricht. Ich bekomme mit, dass es Angst vor Veränderung gibt. Natürlich hat man eine emotionale Bindung an eine Kirche, an ein Pfarrhaus oder auch an ein ganzes Grundstück, ein ganzes Areal, weil man damit gewisse Erinnerungen verbindet. Es gibt aber durchaus auch Pfarreien, in denen die Menschen sagen, dass sie froh sind, wenn sie Immobilien abgeben können. Gerade Pfarreien mit großen Gebieten, wo das vielleicht auch notwendig ist. Jede Pfarrei geht anders mit dem Immobilienkonzept um. 

Es ist ja normal, dass so ein Prozess, der Veränderung mit sich bringt, immer auch erst einmal für Unsicherheit sorgt. Würden Sie trotzdem sagen, dass der Prozess gerade auch eine Chance sein kann?

Julia Stresing:  Natürlich. Ich glaube der Prozess bietet auch die Chance für eine Entlastung. Denn eine Immobilie zu haben und das weiß ja jeder, der ein Einfamilienhaus besitzt, ist ja nun mal kein Selbstläufer. Man hat als Eigentümer – und somit als Pfarrei – gewisse Pflichten, wie beispielsweise die Verkehrssicherungspflicht. Wenn einem bei Sturm plötzlich das Dach um die Ohren fliegt, dann wird das schnell schwierig. Dazu kommen die laufenden Kosten mit Immobilien. Beispielsweise die Grundsteuer, Niederschlagswasser, Straßenreinigung. So eine Immobilie kann auch aufgrund der Pflege zur Last werden, dann gibt es vielleicht einen Instandhaltungsrückstau, dann fällt die Heizungsanlage aus oder es gibt einen Wasserschaden...  Diese Last bei manchen Immobilien auch loslassen zu können, würde ich als eigentliche Chance sehen, um dann auch finanziell mehr Spielraum für andere(s) zu haben. Man muss eine Immobilie nicht gleich verkaufen. Man kann sie auch vermieten oder zur Erbbaupacht vergeben. Darüber sollte man sich Gedanken machen.

Wer trifft denn am Ende final die Entscheidungen über die Immobilien? Und wer kann da wie mitentscheiden?

Julia Stresing: Das Bistum wird nicht sagen: Jetzt haben wir hier Kirche A und Kirche B, die sind 5 Kilometer auseinander, ihr sollt jetzt Kirche B abgeben. Die Pfarreien müssen die Entscheidung treffen und sich fragen: Wie geht es vor Ort weiter? Wird keine Entscheidung getroffen, muss man sich noch einmal Gedanken machen, denn es kann nicht sein, dass alles so bleibt wie es ist. Ohne Veränderung können die Pfarreien nicht sicher in die Zukunft gehen. Jede Pfarrei wird Veränderung vornehmen müssen und dabei auch mal eine Immobilie auf rot setzen, denn es werden vermutlich in der Zukunft weder mehr Katholik:innen werden, noch wird mehr Geld zur Verfügung stehen. In Phase 4 werden die Anlagen 1-3 nach dem Kirchenvorstandsbeschluss der einzelnen Pfarreien durch den Generalvikar kirchenaufsichtlich genehmigt.

Was würden Sie sagen, können erste Schritte sein, wenn sich eine Pfarrei schwer tut mit dem Immobilienkonzept? 

Julia Stresing:  Mich anrufen, mich einladen und sagen, wir brauchen Unterstützung. Manches lässt sich vielleicht telefonisch klären, anderes eher vor Ort und ich komme gerne, um bei der Bestandsaufnahme zu helfen. Ich kann auch anbieten, dass ich unterstütze, den baulichen Zustand einer Immobilie einzuschätzen. Manchmal gibt es hier Unsicherheiten. Mir eine Mail mit einem Foto von diesem Zustand zu schreiben, könnte auch ein erster Schritt sein. Ich melde mich dann dazu. Ich möchte Mut machen den Kontakt zu mir zu suchen, wenn es Schwierigkeiten gibt. Das wäre schon der erste hilfreiche Schritt, den man machen könnte. Kommunikation – die ist von allen Seiten wichtig. 

Letzte Frage an Sie:  Was möchten Sie den Pfarreien noch mit auf den Weg geben? 

Julia Stresing:  Das Immobilienkonzept ist ein wichtiger Prozess, der auch dafür genutzt werden darf „Altlasten“ in Form von Immobilien loszulassen oder ihnen eine neue Nutzung zu geben. Der Projektgruppe des Immobilienkonzeptes ist bewusst, dass dies eine herausfordernde Aufgabe ist. Dennoch ist dieser Prozess wichtig für die Zukunft.  Er ermöglicht neue Chancen wahrzunehmen und spannende Projekte gemeinsam umzusetzen. Bitte zögern Sie nicht auf uns zuzugehen!

Beispiele von Umnutzungen:
Pension in der Kirche: Pension Bernburg, Pension Aschersleben, Pension Stassfurt, Pension Warmsdorf (pension-in-der-kirche.de)Die Elias-Kirche in Prenzlauer Berg | Monumente Online (monumente-online.de))

Vielen Dank für diesen Einblick!

(Fragen: Miriam Fricke)


Dies könnte Sie auch interessieren

0
Feed